»Künstlerisches Lichtfeld« (Fraunhofer-Residenz)

STATE Studio Lichtfelder Dachroth Jeschonnek Vernissage 2019
© Jordan Katz
Für einen Großteil der entwickelten Lichtskulpturen arbeitete das Duo eng mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena zusammen.

»Künstlerisches Lichtfeld«


Neben der physikalischen Erscheinung von Licht wird bei dem Projekt »Künstlerisches Lichtfeld« insbesondere die Wahrnehmung voluminöser Lichtfelder auf die menschliche Wahrnehmung untersucht. Das Kunst- und Design-Duo Charlotte Dachroth und Ole Jeschonnek nutzt dazu LED und einen raffinierten optischen Aufbau, um den Eindruck eines dreidimensionalen, im Raum schwebenden Lichtvolumens zu erzeugen. Die Designresidenz wurde mit den Forschenden des Fraunhofer-Instituts für angewandte Optik und Feinmechanik IOF Jena umgesetzt.

Zur Ausstellungseröffnung

Vorstellung im Rahmen der Designkonferenz des Fraunhofer-Netzwerks »Wissenschaft, Kunst und Design«

Interview mit dem Kunst- und Design-Duo Charlotte Dachroth und Ole Jeschonnek

»Brockengespenst und künstlerisches Lichtfeld« 

Durch die Zusammenarbeit im »Artist in Lab« Programm des Fraunhofer-Netzwerks »Wissenschaft, Kunst und Design« haben das Fraunhofer-Institut für Optik und Feinmechanik IOF und das Künstlerduo Dachroth + Jeschonnek gemeinsam ein Patent angemeldet. Im Projekt haben sie Lichtfeld-Displays entwickelt, die den Eindruck eines dreidimensionalen, im Raum schwebenden Lichts erzeugen. 

 

© Dachroth+Jeschonnek
Artists im Labor

Projektidee und Zusammenarbeit

Gemeinsam mit dem Fraunhofer IOF habt ihr ein sogenanntes »Künstlerisches Lichtfeld« geschaffen – was genau ist das? 

Mit der Lichtfeldtechnologie haben wir gemeinsam mit dem Fraunhofer IOF die Möglichkeit entwickelt, dreidimensionale, im Raum schwebende Lichtbilder zu erzeugen, ohne dabei eine Brille aufsetzen zu müssen. Anfangs waren wir auf recht einfache Geometrien beschränkt. Aber inzwischen haben wir uns mehr Freiheitsgrade erarbeitet und können z.B. virtuelle mit realen Lichtfeldern verbinden.

Dieses Phänomen kommt auch in der Natur vor: Was hat das sogenannte »Brockengespenst« mit eurem Projektvorhaben zu tun?

Es gibt in der Natur ähnliche Phänomene. Bei dem Brockengespenst entsteht durch die lichtlenkenden Eigenschaften von Wassertröpfchen im Nebel oder in einer Wolke eine Lichterscheinung um den eigenen Schatten herum. Diese Erscheinung ist auch abhängig von dem jeweiligen Betrachtungspunkt. Man kann sie nur in der Zentralperspektive um seinen eigenen Schatten herum sehen.

Bei unseren Lichtfeldern schaut man in Richtung des Lichts. Wie bei dem Brockengespenst entsteht auch bei den Mikrooptiken das Bild durch sehr viele, sehr kleine Linsen und Optiken. Aus diesen vielen Lichtstrahlen setzt sich ein Lichtfeld zusammen. Auch dieses Bild ist von dem Betrachtungspunkt abhängig, da es ein dreidimensionales Lichtfeld ist, kann man es aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Das hört sich jetzt aber komplizierter an, als es in der Realität für den Betrachter ist. Das Licht verhält sich weitestgehend so, wie wir es von einem dreidimensionalen Gegenstand in unsere Umgebung erwarten. Aber eben doch wieder ganz anders, als wir es von Licht, wie wir es bisher wahrnehmen, gewohnt sind.

 

© Théo Segonds
Brockengespenst. Ein optischer Effekt, bei dem die Sonne im Rücken der Person einen Schatten in die Nebelwand wirft.
© Dachroth+Jeschonnek
Micro Lens Array

Könnt ihr uns in einfachen Worten erklären, was der Ausgangspunkt eures Projekts war und wie ihr die Technologie gemeinsam weiterentwickelt habt?

Der Ausgangspunkt war, überhaupt eine dreidimensionale Lichterscheinung mit Hilfe der Mikrooptik-Technologie des Fraunhofer IOF herzustellen. Mit Erreichen dieses Ziels haben wir uns im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit auf die Qualität der Darstellung, die Vergrößerung der Blickwinkel und auf die Erweiterung der Freiheitsgrade für die Lichtfelder selbst fokussiert. 

 

Aus welchen Gründen wolltet ihr mit dem Fraunhofer IOF zusammenarbeiten? Welche Herausforderungen gab es, und wie habt ihr den kreativen Austausch bei der Entwicklung von Lichtfeldtechnologien erlebt?

Unsere Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IOF war sehr intensiv. Wir haben eng zusammengearbeitet, um ein schwebendes Lichtfeld im Raum zu erzeugen. Wir hatten die Ausgangsidee die Mikrooptiken so zu steuern und die Streuung des Lichts so zu beeinflussen, dass wir Bilder generieren können. Während des Projekts sind zuverlässig immer neue Ideen entstanden, so dass wir uns gemeinsam immer weitere Ziele gesteckt haben. Der kreative Austausch war sehr bereichernd, das Ping-pong von Ideen im Miteinander war entscheidend für die Entstehung immer neuer Konzepte im Laufe des Projekts.

 »Die Zusammenarbeit war wie ein gemeinsamer Tanz, bei dem wir versucht haben, künstlerische Visionen mit den technischen Realitäten des Fraunhofer IOF in Einklang zu bringen.«

Wie habt ihr es geschafft, eine gemeinsame Verständnisebene mit den Forschenden am Fraunhofer IOF zu erreichen, in Bezug auf die komplexe wissenschaftliche Sprache aber auch auf gestalterisch/künstlerische Aspekte?

Wir sind sehr tief in die Materie eingearbeitet. Das hilft sicherlich. Unsere Arbeit war sowieso schon vorher physikalisch und optisch verwurzelt, so dass wir ein gutes Verständnis für die Physik hatten und auch mit dem Vokabular vertraut waren.

Um den Herstellungsprozess der Mikrooptiken zu verstehen, hat uns unser Wissen in Fotografie und Siebdruck geholfen. Die Technologien funktionieren sehr ähnlich, auch wenn die Mikrooptik um ein Vielfaches präziser arbeitet. Und ein wirklich gemeinsames und gewolltes Ringen um die Machbarkeit und Umsetzung, also die Motivation von beiden Seiten ist wichtig, das Im-Austausch-bleiben. Die Leute im Fraunhofer-Institut sitzen nicht da und warten vor lauter Langeweile auf einen, sondern sind super busy. Geduld ist nützlich, wenn nicht alles auf Anhieb klappt und man gemeinsam Lösungen finden muss. Es sind viele Menschen daran beteiligt, dass alles gelingt und das Projekt gut wird. Das braucht einfach seine Zeit und ist kein Schnellschuss.

© Dachroth+Jeschonnek
Micro Lens Array
© Dachroth+Jeschonnek
Micro Lens Array

Könnt ihr über die Herausforderungen sprechen, die während der Zusammenarbeit aufgetreten sind, insbesondere in Bezug auf die Abstimmung zwischen künstlerischem Anspruch und technischer Umsetzbarkeit? 

Die Zusammenarbeit war wie ein gemeinsamer Tanz, bei dem wir versucht haben, künstlerische Visionen mit den technischen Realitäten des Fraunhofer IOF in Einklang zu bringen. Es gab Diskussionen über die Distanz des Lichtfelds zu den Mikrooptiken und die Verbindung von virtuellen und realen Bildern, was zu einem Hin und Her zwischen den künstlerischen Vorstellungen und technischer Machbarkeit als auch Limitierungen führte.

Schließlich haben wir selbst mit einem hochauflösenden Display und einer Mikrooptik einen Prototypen gebaut, mit dem wir zeigen konnten, wie unsere Vorstellungen umgesetzt werden könnten und mit dem wir im Voraus digital Lichtfelder testen können, noch bevor die Physiker und Physikerinnen mit dem teuren Produktionsprozess der Werkzeuge beginnen. Diese Herangehensweise nennen wir »Dirty Lab«, wenn wir mit direkt umsetzbaren Methoden versuchen Prozesse, Phänomene und Ideen zu testen und zu visualisieren.

 

Worin seht ihr insbesondere den Mehrwert für beide Seiten bei einer solchen Tandem-Kooperation?

Die Zusammenarbeit war für beide Seiten wertvoll. Das Fraunhofer IOF hat uns Einblicke in die beeindruckende wissenschaftliche Expertise, Technologien, den Reinraum und Arbeitsweisen gegeben. Wir haben kreative Impulse geliefert und mit unseren Ideen die Ziele so hoch gesteckt, dass wir die Forschenden dazu gebracht haben, über die vermuteten Grenzen der Machbarkeit hinauszugehen. Das Ping-pong der verschiedenen Herangehensweisen war sehr fruchtbar. Es war eine sehr bereichernde Erfahrung, die schließlich auch zu einer Patentanmeldung geführt hat.

 »Wir erwarten, dass mit der zunehmenden Bedeutung von VR, AR und Spatial Computing die Durchdringung und Akzeptanz für Informationen in dreidimensionaler Form zunehmen wird.«

Technologie und Patent

Könnt ihr über die Fortschritte im Projekt berichten, die Anwendungsmöglichkeiten der Technologie und die Patentanmeldung?

Im Verlauf des Projekts haben wir Lichtfelder mit Mikrolinsen-Arrays für die Anwendung als Direct View Display entwickelt. Diese Linsen sind im Laufe des Projektes kleiner und stärker gekrümmt worden, was zu einem größeren Blickwinkel und einer feineren Auflösung führte. Insbesondere durch den intensiven Austausch und die gegenseitige Befruchtung unserer Ideen, brachte die Zusammenarbeit innovative Fortschritte. Unter anderem viele kleine technische Lösungen, die zum Ziel geführt haben, aber auch sowas leicht Nachvollziehbares wie die Einkopplung der Lichtquelle von hinten statt einer Beleuchtung von vorne.

In dem Patent geht es insbesondere um die einfache Herstellung von sogenannten maskenlosen Mikrolinsen-Arrays zur Erzeugung von Lichtfeldern. Der bisherige Herstellungsprozess erfordert viele einzelne Schritte in der Herstellung im Reinraum. Dieser kann mit einem neuen Aufbau der Linsen-Arrays reduziert werden.

Wir können vielleicht so viel verraten, dass sich viel mehr Anwendungsgebiete erschließen lassen, wenn die Technologie günstiger wird. Wir erwarten, dass mit der zunehmenden Bedeutung von VR, AR und Spatial Computing die Durchdringung und Akzeptanz für Informationen in dreidimensionaler Form zunehmen wird. Diese Technologien erfordern in der Regel eine Brille, um Inhalte sehen zu können. Diese Durchdringung wird unserer Einschätzung nach dazu führen, dass man von Technologie erwarten wird, dass wir im dreidimensionalen Raum mit ihr interagieren und kommunizieren. Hier geben unsere Lichtfelder bereits heute einen ersten Eindruck, wie dies ohne lästige Hilfsmittel funktionieren kann.

 

© Walter Oppel
»Lichtfelder«
© Jordan Katz
»Lichtfelder« - STATE Studio, Berlin 2019

Wie arbeitet ihr und das Fraunhofer IOF jetzt mit den Projektergebnissen weiter?

Wir hoffen darauf, weitere Unterstützung für die Entwicklung zu bekommen, nicht zuletzt auch vom Netzwerk WKD. Mit den Lichtfeldern, die wir hergestellt haben, kann das Fraunhofer IOF bei Messeauftritten die Technologie vorstellen und eindrucksvoll zeigen, was möglich ist. Wir bereiten mit unserem Galeristen zusammen eine Ausstellung vor, in der wir die neuen Arbeiten zeigen werden. Der Fokus liegt eindeutig darauf, die erfolgreiche Zusammenarbeit weiter fortzusetzen.